Am Frühstückstisch sitzen und eine Mondfinsternis gucken - am 21.12.2010 ging das, vorausgesetzt man hatte freien Blick zum NW-Horizont. Dort sollte der Mond nämlich als schmale Sichel kurz vor Beginn der totalen Phase untergehen. Nordwestlich einer Linie Bonn - Rostock erfolgt sogar der 3. Kontakt noch knapp über dem Horizont; die Finsternis war dort also in ihrer totalen Phase sichtbar. Diese Sichtbarkeit hatte aber eher theoretischen Charakter, denn sehr wahrscheinlich würde der verfinsterte Mond spätestens mit Beginn der Totalität am schon taghellen Himmel verschwinden. Um den Roten Mond und die Finsternis in Ihrem ganzen Verlauf zu sehen, musste man sich viel weiter im Westen aufhalten, z.B. in der Karibik, in Kanada oder in Island.
Waren die Grundvoraussetzungen in Mitteleuropa schon nicht gut, so tat das wolkige Winterwetter sein übriges. Immerhin gelangen in Norddeutschland einige stimmungsvolle Fotos des partiell verfinsterten Monds über der verschneiten Landschaft. In den USA war diese MoFi in ihrem ganzen Verlauf zu sehen und entsprechend in den Medien hochgejubelt worden. Nachdem die NASA verbreitet hatte, dass die Finsternis am gleichen Tag wie die Wintersonnenwende stattfinden würde, was nur alle paar hundert Jahre der Fall wäre, war auch ein Aufhänger für die Berichterstattung gefunden ("Winter Solstice Eclipse"). Allerdings war die Sonnenwende 15 Stunden nach der MoFi, so dass die beiden Ereignisse für etwa 2/3 der Erde eben nicht am gleichen Tag stattfanden. Diese und andere sachliche Argumente erhielten allerdings selbst in amateurastronomischen Kreisen wenig Beachtung, denn was von der NASA kommt, wird kaum angezweifelt. Wie dem auch sei, obwohl es auch in den USA überwiegend bewölkt war, entstanden dort zahlreiche Fotos und Videos. Wieder einmal bewährte sich Twitter bei einem astronomischen Großereignis als schnellster Informationskanal, über den erste Bilder noch während der MoFi weltweit die Runde machen. Mondfinsternis.info hatte übrigens komplett auf mobile Berichterstattung über einen Twitter-Stream gesetzt - viel zu berichten gab es auf Grund der geschlossenen Bewölkung rund um Bonn allerdings nicht.
Sichtbarkeitsgebiet und Ablauf der MoFi am 21.12.2010
Wanderung des Mondes durch den Erdschatten.
Erstellt mit WIN-ECLIPSE 3.6 von Heinz Scsibrany.
(Dünner Ring = Halbschatten; dunkle Fläche = Kernschatten)
Die Mondfinsternis am 21.12.2010 fand für uns in Mitteleuropa unter sehr ungünstigen Voraussetzungen in der morgendlichen "Rush Hour" statt. Das Geschehen spielte sich in unmittelbarer Horizontnähe ab. Auf 50° nördlicher Breite und 10° östlicher Läge stand der Mond bei Sichtbarkeitsbeginn der Halbschattenphase nur noch etwa 8 Grad hoch; etwa zur Mitte der partiellen Phase ging er unter. Im Nordwesten Mitteleuropas, z.B. auf den nordfriesischen Inseln, waren die Bedingungen etwas besser, da der Mond hier etwa 30 Minuten später hinter dem Horizont verschwand. Deshalb konnte hier immerhin noch die gesamte partielle Phase bis kurz vor Eintritt der Totalität beobachtet werden. Andererseits erfolgte im Südosten, z.B. in Wien, der Eintritt in den Kernschatten erst bei Monduntergang. Je weiter westlich und nördlich man sich befand desto mehr bekam man von der MoFi zu sehen.
Als Service für Sie hatten wir Animationen des Ablaufs der Mondfinsternis für ein paar Orte in Mitteleuropa sowie (zum Vergleich) für das belgische Zeebrügge erstellt und als Videos auf unseren Youtube-Account hochgeladen. Alle Animationen beginnen kurz vor dem Eintritt des Monds in den Halbschatten und enden nach Monduntergang:
Wer die Finsternis in voller Länge erleben wollte, musste mindestens bis nördlich des Polarkreises (Polarnacht!) oder nach Island reisen. Wirklich optimal beobachten konnte man diese MoFi allerdings erst in Nord- und Mittelamerika sowie in großen Teilen des pazifischen Raums.
In Südamerika und auf den atlantischen Inseln (Madeira, Kanaren usw.) ging der Mond während oder nach der totalen Phase unter; im westlichen Afrika war die Situation ähnlich ungünstig wie in Mitteleuropa. Australien, Neuseeland, der westliche Pazifik und Ostasien erlebten die MoFi bei Mondaufgang in der Abenddämmerung. Für das mittlere und westliche Asien, den größten Teil Afrikas und die Antarktis stand der Mond während des gesamten Finsternisverlaufs unter dem Horizont.
Klicken Sie bitte auf die Karte, um eine vergrößerte Ansicht in einem separaten Fenster zu öffnen!
Zum Beobachten einer Mondfinsternis benötigen Sie eigentlich nichts außer Ihren Augen. Wenn Sie ein Fernglas, und sei es auch nur ein kleines Opernglas, besitzen, so sollten Sie dieses zusätzlich benutzen - der Anblick des partiell verfinsterten Mondes am Dämmerungshimmel ist dann noch um vieles eindrucksvoller! Was Sie unbedingt suchen müssen, ist ein Platz mit freiem Blick zum Nordwest-Horizont. In den Mittelgebirgen und in den Alpen ist es unter Umständen gar nicht einfach, einen solchen zu finden. Hochgelegene Stellen am Westrand der Gebirge kommen am ehesten in Frage. Dagegen kann im Flachland der beste Beobachtungsplatz durchaus das heimische Küchenfenster sein. Mehr noch als sonst sind Sie bei dieser MoFi auf einen absolut wolkenfreien Himmel angewiesen, denn Wolken häufen sich nun einmal aufgrund des flachen Blickwinkels in Horizontnähe.
Sollte es aber wirklich klar sein, so ergeben sich gerade auf Grund der Dämmerungssituation und der Horizontnähe des Mondes für Fotografen reizvolle Motive.
Bewegung des Mondes vor dem Fixsternhintergrund während der Mondfinsternis am 21.12.2010 in 1-Minuten-Schritten (links) und in 5-Minuten-Schritten (rechts). Beide Animationen enden mit Monduntergang. Erstellt mit Redshift 4.
Himmelsausschnitt um den Mond unmittelbar vor Monduntergang. Der gelbe Kreis hat einen Durchmesser von 10 Bogengraden Bitte klicken Sie auf das Bild, um dieses in Originalgröße in einem separaten Browserfernster zu sehen.
Damit Sie einen Eindruck gewinnen, was außer der MoFi noch am morgendlichen Dämmerungshimmel zu sehen ist, präsentieren wir Ihnen nachfolgend eine Grafik, die den Himmelsanblick am 21.12.2010 zum Sichtbarkeitsbeginn der Finsternis darstellt. Streng genommen gilt es nur für die Koordinaten 50°N/10°E; dieser Ort liegt jedoch ziemlich im Zentrum von Mitteleuropa, sodass die Karte für das gesamte Gebiet verwendet werden kann; je weiter im Südosten man sich befindet desto heller ist es allerdings um 07:00 Uhr bereits.
Himmelsanblick am 21.12.2010 um 07:00 MEZ. Erstellt mit Redshift 4.
Klicken Sie bitte auf die Karte, um eine vergrößerte Ansicht in einem separaten Fenster zu öffnen.
Ähnlich wie bei der vorhergehenden MoFi an Silvester 2009 war die Wetterlage auch am 21.12.2010 durch eine Luftmassengrenze gekennzeichnet, die diesmal durch die Mitte Deutschlands verlief und sehr kalte Luft im Norden von milderer Luft im Süden trennte. Im Bereich der Luftmassengrenze traten z.T. kräftige Schneefälle aber auch Eisregen auf, welche im Berufsverkehr zu erheblichen Behinderungen führten.
Nördlich des Niederschlagsgebiets gab es vor allem von Niedersachsen über Sachsen-Anhalt bis Mecklenburg-Vorpommern großflächige Auflockerungen. Im Süden waren in Bayern zumindest zeitweise Blicke auf den verfinsterten Mond möglich. Fast durchweg bewölkt war es in der Schweiz und in Österreich.
Im Jahr 2010 gab es am 26. Juni noch eine partielle Mondfinsternis, bei der gut die Hälfte des Mondes in den Kernschatten der Erde eintrat. Diese MoFi konnte im gesamten pazifischen Raum und großen Teilen der USA beobachtet werden. Es gab nur wenige Vorberichte und überraschenderweise keine Webcasts, doch via Youtube und Twitpic wurden noch während und unmittelbar nach der Finsternis zahlreiche Fotos und Videos von sehr unterschiedlicher Qualität online gesetzt.