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Die Totale Mondfinsternis am 27.07.2018 gehörte zweifelsohne zu den ganz großen astronomischen Ereignissen unserer Zeit. Mit einer Dauer von 103 Minuten war sie die längste totale MoFi des 21. Jahrhunderts. Da der Mond in Mitteleuropa während der einleitenden partiellen Phase aufging, konnte die Totalität am dunkelblauen Dämmerungshimmel in voller Länge verfolgt werden. Etwa 6 Grad unterhalb des Roten Mondes stand Mars, der Rote Planet. Wenn ein Planet sich in der Nähe des Vollmonds befindet, dann steht er zwangsläufig in Opposition zur Sonne und erreicht mithin seine maximale Helligkeit. Diese fällt bei Marsoppositionen wegen der stark schwankenden Abstände zur Erde sehr unterschiedlich aus. Am 27.07.2018 hatten wir es mit einer außerordentlich günstigen Marsopposition zu tun; der Rote Planet erreichte mit -2.8 mag fast seine größte überhaupt mögliche Helligkeit und übertraf sogar den Jupiter an Glanz.
Da sich das gesamte Geschehen horizontnah in der Dämmerung abspielte, kamen auch Naturfotografen voll auf ihre Kosten. Selbst der Kalender meinte es diesmal gut mit den Beobachtern, denn die Jahrhundert-Finsternis fand an einem Freitagabend statt.
Ablauf einer Totalen Mondfinsternis, aufgenommen am 28.09.2015 von Somersault Clicks.
Beginn der Totalität bei einer Mondfinsternis, aufgenommen als Echtzeit-Film am 28.09.2015 von Somersault Clicks. Im Verlauf des Videos erfolgt der Übergang von der partiellen zur totalen Phase der MoFi. Der genaue Zeitpunkt des vollständigen Eintritts in den Kernschatten der Erde ist bei der Beobachtung schwierig zu bestimmen, da der Rand es Kernschattens der Erde nicht scharf erscheint, sondern durch die Erdatmosphäre diffus wirkt. Schauen Sie den Film an und entscheiden selber, wann das letzte Sonnenlicht auf dem Mond verschwunden ist.
ZEITPLAN DER MONDFINSTERNIS AM 27.07.2018
Eintritt in Halbschatten (1. Kontakt):
19.13 Uhr MESZ
Sichtbarkeitsbeginn (SB):
∼19.52 Uhr MESZ
Eintritt in Kernschatten (2. Kontakt):
20.24 Uhr MESZ
Mondaufgang (50˚N 10˚E):
21.01 Uhr MESZ
Sonnenuntergang (50˚N 10˚E):
21.09 Uhr MESZ
Beginn der totalen Phase (3. Kontakt):
21.30 Uhr MESZ
Ende Bürgerliche Dämmerung (50˚N 10˚E):
21.50 Uhr MESZ
Maximale Verfinsterung:
22.22 Uhr MESZ
Ende Nautische Dämmerung (50˚N 10˚E):
22.43 Uhr MESZ
Ende der totalen Phase (4. Kontakt):
23.13 Uhr MESZ
Ende Astronomische Dämmerung (50˚N 10˚E):
23.55 Uhr MESZ
Austritt aus Kernschatten (5. Kontakt):
00.19 Uhr MESZ
Sichtbarkeitsende (SE):
∼00.54 Uhr MESZ
Austritt aus Halbschatten (6. Kontakt):
01.30 Uhr MESZ
Beginn Astronomische Dämmerung (50˚N 10˚E):
02.59 Uhr MESZ
Beginn Nautische Dämmerung (50˚N 10˚E):
04.11 Uhr MESZ
Beginn Bürgerliche Dämmerung (50˚N 10˚E):
Sichtbarkeitsgebiet und Ablauf der MoFi am 27.07.2018
Wanderung des Mondes durch den Erdschatten.
Erstellt mit WIN-ECLIPSE 3.6 von Heinz Scsibrany.
(Dünner Ring = Halbschatten; dunkle Fläche = Kernschatten)
Die Mondfinsternis am 27.07.2018 fand für uns in Mitteleuropa unter nicht ganz optimalen Voraussetzungen in der lang andauernden sommerlichen Dämmerung statt. Dazu spielte sich das ganze Geschehen sehr horizontnah ab. Auf 50˚ nördlicher Breite und 10˚ östlicher Länge tauchte der Mond bereits eine halbe Stunde nach seinem Aufgang komplett in den Kernschatten der Erde ein, d.h. die totale Verfinsterung begann. Bis zum Ende der totalen Phase um 23:13 MESZ hatte der Mond lediglich eine Höhe von 14˚ über dem Südost-Horizont erreicht; selbst beim Austritt aus dem Kernschatten nach Mitternacht waren es kaum mehr als 18˚.
Im Südosten Mitteleuropas, z.B. in Wien, waren die Bedingungen etwas besser, da der Mond 30 Minuten früher aufging. Deshalb konnte dort die gesamte Kernschattenphase beobachtet werden, und der Erdtrabant stand zum Ende der totalen Phase ein wenig höher an einem komplett dunklen Himmel. Dagegen konnte es im Nordwesten, z.B. auf Sylt, durchaus passieren, dass man den leuchtschwachen "Roten Mond" am Dämmerungshimmel erst gegen Ende der Totalität wahrnahm. Sofern der Himmel nicht ganz klar war, konnte der Erdtrabant erst jetzt gleichsam aus dem Nichts als hauchdünne Sichel am tiefblauen Dämmerungshimmel auftauchen.
Verlauf der Mondfinsternis am 27.07.2018 am Standort 50˚N/10˚E. Klicken Sie bitte auf die Karte, um eine vergrößerte Ansicht in einem separaten Fenster zu öffnen! Quelle: Stefan van Ree / www.Der-Mond.org
Wer diese MoFi bei größerer Höhe über dem Horizont und vor einem dunklen Himmelshintergrund beobachten mochte, konnte dies im östlichen Mittelmeergebiet, z.B. an der türkischen Riviera oder in Ägypten, tun. Den Platz in der ersten Reihe hatten diesmal aber Beobachter im südlichen Afrika und auf den Inseln im Indischen Ozean. Auch in Ost- und Zentralafrika, im nahen und mittleren Osten, Südasien und der gesamten Antarktis war die Mondfinsternis in ihrem kompletten Verlauf sichtbar.
In Westafrika war die Finsternis wie in Europa bei Mondaufgang bereits im Gange, während sie sich Südamerika bei Mondaufgang schon dem Ende zuneigte. Umgekehrt ging der Mond in Australien, Indonesien und Ostasien während des Finsternisverlaufs unter. Pech hatten diesmal die Bewohner Nordamerikas, vieler pazifischen Inseln und der Gebiete nördlich des Polarkreises, denn sie bekamen von dem Himmelsschauspiel gar nichts zu sehen.
Klicken Sie bitte auf die Karte, um eine vergrößerte Ansicht in einem separaten Fenster zu öffnen! Quelle: NASA Eclipse Web Site
Zum Beobachten einer Mondfinsternis benötigen Sie eigentlich nichts außer Ihren Augen. Wenn Sie ein Fernglas, und sei es auch nur ein kleines Opernglas, besitzen, so sollten Sie dieses zusätzlich benutzen - der Anblick des verfinsterten Mondes am Dämmerungshimmel ist dann noch um vieles eindrucksvoller! Was Sie unbedingt suchen müssen, ist ein Platz mit freiem Blick zum Südost-Horizont. In den Mittelgebirgen und in den Alpen ist es unter Umständen gar nicht einfach, einen solchen zu finden. Hochgelegene Stellen am Ost- oder Südrand der Gebirge kommen am ehesten in Frage. Dagegen kann im Flachland der beste Beobachtungsplatz durchaus das heimische Küchenfenster sein. Mehr noch als sonst sind Sie bei dieser MoFi auf einen absolut wolkenfreien Himmel angewiesen, denn Wolken häufen sich nun einmal aufgrund des flachen Blickwinkels in Horizontnähe.
Sollte es aber wirklich klar sein, so ergeben sich gerade auf Grund der Dämmerungssituation, der Horizontnähe des Mondes und des hellen rötlichen Planeten Mars für Fotografen unglaublich reizvolle Motive.
Spezielle Hinweise
Bei der Beobachtungsplanung ist zu beachten, dass der Mond nach seinem Aufgang nur sehr allmählich an Höhe gewinnt. Zum Ende der Kernschattenphase hat er sich erst 14˚ vom Horizont entfernt, und wenn gegen 00:54 MESZ das Sichtbarkeitsende der zweiten Halbschattenphase erreicht ist, sind es auch nur 20˚. Wer in einem dicht bebauten Wohnviertel oder in einem tieferen Tal wohnt, wird es gar nicht so einfach haben, einen geeigneten Beobachtungsort zu suchen. Am besten sieht man sich bereits ein paar Tage vor der MoFi entsprechend um. Vielfach reicht es aus, in eine ländliche Gegend am Stadtrand zu fahren, möglichst Richtung Osten: dann haben Sie die störende Lichtglocke der Stadt hinter sich.
Himmelsausschnitt um den Mond zur Finsternismitte. Der gelbe Kreis hat einen Durchmesser von 10 Bogengraden Bitte klicken Sie auf das Bild, um dieses in Originalgröße in einem separaten Browserfernster zu sehen.
Damit Sie einen Eindruck gewinnen, was außer der MoFi noch am Himmel zu sehen ist, präsentieren wir Ihnen nachfolgend zwei Diagramme (erstellt mit Stellarium), die den Himmelsanblick in der Nacht 27./28.07.2018 zu verschiedenen Zeitpunkten darstellen. Streng genommen gelten sie nur für die Koordinaten 50˚N/10˚E; dieser Ort liegt jedoch ziemlich im Zentrum von Mitteleuropa, sodass die Karten für das gesamte Gebiet verwendet werden können.
Himmelsanblick am 27.07.2018 um 22.30 MESZ (oben) und am 28.07.2018 um 00.30 MESZ (unten). Erstellt mit Stellarium.
Klicken Sie bitte auf die Karten, um vergrößerte Ansichten in einem separaten Fenster zu öffnen.
WIE SELTEN WAR DAS HIMMELSEREIGNIS VOM 27.07.2018?
Im Zusammenhang mit der "Jahrhundert-Finsternis" vom 27.07.2018 stellte sich die Frage, wie selten ein solches Ereignis denn tatsächlich ist.
Diese Totale Mondfinsternis war tatsächlich die längste des 21. Jahrhunderts. Jedoch gibt in den nächsten 1000 Jahren 52 MoFis, welche noch (um bis zu 3 Minuten mehr) länger sind, wie sich einem Beitrag von Fred Espenak entnehmen lässt. Die Finsternis im Juli 2018 gehörte im genannten Zeitraum aber immerhin zu den längsten 8%. Oder anders ausgedrückt: etwa alle 20 Jahre tritt im 3. Jahrtausend im Durchschnitt eine MoFi von 103 und mehr Minuten Dauer auf. Aber wie das mit Statistik so ist: zwischen zwei der lange MoFis können eben auch einmal über 100 Jahre vergehen - so im aktuellen Fall.
Bleibt noch zu klären, wie oft eine lange Totale MoFi und eine sehr günstige Marsopposition auf den gleichen Tag fallen, d.h. wie lange müssen wir statistisch warten, bis sich das Ereignis vom 27.07.2018 wiederholen wird?
Betrachtet man lange Zeiträume von vielen tausend Jahren, so finden eine Mondfinsternis mit gleicher Häufigkeit an jedem beliebigen Kalendertag des Jahres statt. Somit liegt die Wahrscheinlichkeit, dass an einem bestimmten Datum, z.B. am 27. Juli, eine MoFi eintritt, bei 1/365. Zwischen 2 Marsoppositionen vergehen allerdings 780 Tage und somit beträgt die Wahrscheinlichkeit, dass eine MoFi und eine Marsopposition zusammenfallen, lediglich 1/780. Jede 780. MoFi wird also auf den gleichen Tag fallen wie eine Marsopposition. Da im Schnitt pro Jahr 2.4 Mondfinsternisse eintreten, beträgt die Wartezeit auf die Kombination MoFi + Marsopposition 780/2.4 = 325 Jahre. Allerdings sind nur 29% aller MoFis total, womit sich die Wartezeit auf 325/0.29 = 1121 Jahre verlängert. Nun ist nur jede 7. oder 8. Marsopposition so günstig (= erdnah) wie die vom 27.07.2018. Folglich verlängert sich unsere Wartezeit weiter auf etwa 1121*7.5 = 8408 Jahre. Schließlich müssen wir noch die Länge der Totalität berücksichtigen. Hier haben wir nur die eingangs erwähnte Angabe, dass die MoFi vom 27.07.2018 zu den 8% längsten des 3. Jahrtausends zählte. Wie es für noch deutlich größere Zeiträume aussieht, ließe sich nur mit einigem Aufwand klären. Fordern wir daher der Einfachheit halber, dass eine Totale MoFi, welche zu den längsten 8% zählt, mit einer besonders günstigen Marsopposition zusammenfällt, so müssen wir im Durchschnitt etwa 105000 Jahre warten, bis sich ein Ereignis, wie wir es am 27.07.2018 erleben durften, wiederholt. Die Mondfinsternis vom 27.07.2018 war also weniger ein "Once in a lifetime" als ein "Once in a mankind"-Event.
Bei der auf Grund der Horizontnähe nicht einfach zu beobachtenden Totalen MoFi vom 27.07.2018 spielte das Wetter in großen Teilen der D/A/CH-Region mit und ermöglichte an einem tropisch-warmen Sommerabend einen ungetrübten Genuss des faszinierenden Himmelsschauspiels. Lediglich im Osten und Süeden gab es einige Gebiete, in denen die MoFi auf Grund von Bewölkung gar nicht oder nur abschnittsweise beobachtet werden konnte.
Baer, Thomas (2018): Tiefroter Mond in der Abenddämmerung. Orion 406, 27-30.
Baer, Thomas & Laager, Erich (2018): Warum fallen viele tiefe Mondfinsternisse in die Sommermonate? Orion 406, 32-39.
Bannuscher, Dietmar (2019): Die Mondfinsternis vom 27. Juli 2018 - ein Geschenk des Himmels. VdS-Journal 68, 6-8.
Celnik, Werner E.; Sporenberg, Dieter & Guthier, Otto (2019): Die Mondfinsternis des Jahrhunderts - ein stilles Erlebnis. VdS-Journal 68, 16-18.
Detken, Kai-Oliver (2019): MoFi-Grillen bei der AVL. VdS-Journal 68, 9-10.
Fischer, Daniel (2018): Eine schwierige Mondfinsternis. Abenteuer Astronomie 15, 33.
Gährken, Bernd & Voltmer, Sebastian (2019): Nicht nur eine totale Mondfinsternis - Streifende Doppelsternbedeckung im Kernschatten der Erde. VdS-Journal 70, 135-138.
Hahn, Hermann-Michael (2019): Eine Mondfinsternis als Entfernungsmesser. Jahres-Chronik 2018 der Vereinigung der Sternfreunde Köln e.V., 80-85.