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MONDFINSTERNISSE UND IHRE HISTORISCHE BEDEUTUNG

EINFÜHRUNG

Soweit man auch in die Geschichte zurück­blickt - Finsternisse des Mondes und der Sonne ha­ben stets eine wichtige Rolle gespielt. Ob­wohl man bereits lange vor unserer Zeit­rechnung zumindest Mondfinsternisse mit einiger Sicherheit vorhersagen konnte, ver­breitete das Auftreten solcher Phänomene zumeist Angst und Schrecken. Man vermutete, dass ein Tier, oft als Drache dar­gestellt, den Mond oder die Sonne verschluckte. Durch Ge­bete oder andere Kulthandlungen wollte man das Tier dazu bewegen, den jeweiligen Himmelskörper wie­der freizugeben, was auch regelmäßig gelang. Bekannt ist die Legende der beiden chinesi­schen Hofastronomen Hi und Ho, die es ver­säumten, eine Sonnenfinsternis vorherzu­sagen, und deshalb hingerichtet wurden. Dieses Geschehnis soll sich im Jahr 2128 v. Chr. zugetragen haben.

Neben den Chinesen versuchten sich auch die Babylonier an der Vorhersage von Fins­ternissen. Durch Jahrhunderte währende Beobachtungen fanden Sie heraus, dass sich Mondfinsternisse in einem Anstand von etwa 18 Jahren und 11 Tagen wiederholen. Vielleicht war diese Saros-Periode auch den griechischen Naturwissenschaftlern bekannt. Jedenfalls sagte Thales von Milet laut Hero­dot (der allerdings 150 Jahre später lebte) die totale Sonnenfinsternis am 28. Mai 585 v. Chr. voraus.

Zur Finsternis-Prognose bedarf es übrigens nicht unbedingt der Kenntnis der Saros-Periode. Mit Hilfe der steinzeitlichen Megalith-Anlage von Stonehenge geht es auch, sogar mit unterschiedlichen Methoden (Raffetseder [1999], Bill Kramer). Ob das Monument tatsächlich als "Finsternis-Computer" genutzt wurde, wird sich kaum nachweisen lassen; zumindest bot es von seiner Konstruktion her die Möglichkeiten dazu.

MONDFINSTERNISSE IN DER ANTIKE

In Texten aus der griechischen und römischen Antike finden wir einzelne Hinweise auf Mondfinsternisse, meist im Zusammenhang mit historischen Geschehnissen. Recht bekannt ist eine Geschichte, die sich im Jahr 413 v. Chr. zugetragen haben soll. Damals griffen die Athener mit einer Flotte das verfeindete Syrakus an. Als die Eroberung der Stadt nicht gelang, wollten die Athener sich zurückziehen. Am Abend vor der geplanten Abfahrt trat eine Mondfinsternis ein (Grafik), die man als schlechtes Omen für die anstehende Reise deutete. Daraufhin wurde der Rückzug um einen Monat verschoben, wodurch Syrakus Zeit bekam, die Flotte zu vernichten. Das schlechte Omen hatte sich bewahrheitet - allerdings anders, als die Sterndeuter es vermutet hatten.
Auch vor der für Alexander den Großen siegreichen Schlacht von Arbela am 20./21.09.331 v. Chr., vor dem Tod des Herodes und beim Tod des Kaisers Augustus sind Mondfinsternisse aufgetreten (Grafiken). Am 3. April 33 n.Chr. war in Jerusalem eine partielle Mondfinsternis bei Mondaufgang zu beobachten. Aufgrund eines vagen Hinweises auf eine Mondfinsternis in der Apostelgeschichte wird vermutet, dass Jesus an diesem 03.04.33 gekreuzigt wurde. Für diese These spricht zumindest, dass das Passa-Fest tatsächlich an jenem Wochenende stattgefunden hat.

MONDFINSTERNISSE IM MITTELALTER

In den Anglo-Saxon Chronicles werden insgesamt 11 Mondfinsternisse erwähnt, die zwischen 734 und 1121 stattgefunden haben. Nicht genannt wird dort die Totale MoFi am 23.11.755 (Grafik), bei der der verfinsterte Mond seinerseits den Planeten Jupiter bedeckte - ein außerordentlich seltenes Himmelsereignis (mehr dazu), welches Simeon of Durham mit folgenden Worten beschreibt:
"Moreover, the Moon was covered with a blood-red colour on the 8th day before the Kalends of December [ie 24 November] when 15 days old, that is, the Full Moon; and then the darkness gradually decreased and it returned to its original brightness. And remarkably indeed, a bright star following the Moon itself passed through it, and after the return to brightness it preceded the Moon by the same distance as it had followed the Moon before it was obscured." (Zitiert nach David Le Conte).

Mondfinsternis und Jupiterbedeckung am 23.11.755
Mondfinsternis und Jupiterbedeckung am 23.11.755 von Bonn aus gesehen. Animation erstellt mit Redshift 4.

Der 29.05.1453 ist ein Datum von welthistorischer Bedeutung, denn an diesem Tag nahm die türkische Armee Konstantinopel ein. Eine Woche zuvor hatte es eine Partielle Mondfinsternis gegeben (Grafik), welche von den Verteidigern der Stadt als schlechtes Omen gedeutet wurde. Natürlich ist nicht auszuschließen, dass die Stadt auch ohne vorhergehende Mondfinsternis erobert worden wäre ...

MONDFINSTERNISSE IN DER NEUZEIT

Als Ende des 15. Jahrhunderts spanische und portugiesische Seeleute das Zeitalter der Entdeckungen einleiteten, gewann die Navigation auf hoher See rasch an Bedeutung. Die Positionsbestimmung war außerordentlich schwierig. Zwar konnte man den Breitengrad relativ einfach bestimmen, indem man z.B. die Höhe des Polarsterns über dem Horizont maß. Doch die Ermittlung des Längengrades war mangels genau gehender Uhren nahezu unmöglich. Eine gewisse Hilfe konnten Mondfinsternisse bieten, weil sie überall auf der Erde zur gleichen Zeit stattfinden. Ein Beispiel dazu: man weiß, dass die totale Phase in Paris 4 Stunden nach Sonnenuntergang eintritt. Am eigenen Standort auf hoher See beginnt die Totalität aber bereits 1 Stunde nach Sonnenuntergang. Demnach liegt der eigene Standort 3 Stunden oder 45 Längengrade westlich von Paris. Um die Zeit zwischen Sonnenuntergang und Finsternis zu messen, benutzte man Sanduhren (auch als Stundengläser bezeichnet), die über einen so kurzen Zeitraum hinreichende Genauigkeit boten.
Allerdings war die Methode sehr unsicher. Zum einen befand man sich in der Regel ja nicht auf dem gleichen Breitengrad wie der Referenzort. Hält man sich z.B. 20 Breitengrade südlich oder nördlich von selbigem auf, so erfolgt der Sonnennuntergang deutlich früher oder später, was natürlich die Läge des Zeitraumes zwischen Sonnenuntergang und Finsternisbeginn entsprechend verändert. In welchem Maße dies geschieht, hängt dann noch von der Jahreszeit ab. Eine weitere Fehlerquelle waren die astronomischen Tabellen selber. Vor Kepler waren alle Vorhersagen zu den Positionen der Himmelskörper ziemlich ungenau. Trat aber eine Mondfinsternis z.B. 1 Stunde früher als vorhergesagt ein, so bedeutete dies, dass die errechnete Position 15 Längengrade weiter östlich lag als die tatsächliche. 15 Längengrade machen am Äquator aber etwa 1650 Kilometer aus!

Nun hatten Seefahrern des 15. und 16. Jahrhunderts keine Alternative zu den astronomischen Tafeln. Christoph Kolumbus z.B. vertraute auf die Berechnungen des deutschen Astronomen Johannes Müller, der nach seiner Heimatstadt Königsberg in Franken den Beinamen Regiomontanus erhielt. Zweimal - am 14.09.1494 und am 29.02.1504 - versuchte Kolumbus mit Hilfe von Mondfinsternissen seine Position zu ermitteln. In beiden Fällen lag er ziemlich falsch, denn seine Berechnungen versetzten ihn einmal um etwa 2500, das andere Mal um über 4000 Kilometer zu weit nach Westen. Da Kolumbus ohnehin von einem zu kleinen Erdumfang ausging, bestätigten ihn die Ergebnisse freilich in seinem Irrglauben, in Asien gelandet zu sein.
Die Mondfinsternis von 1504 (Grafik) war für Kolumbus noch aus einem anderen Grund sehr hilfreich. An der Küste von Jamaika gestrandet, hat er es sich mit den Einheimischen, auf deren Lebensmittellieferungen er angewiesen ist, völlig zerstritten. In seiner Notlage greift Kolumbus - wohl wissend, dass eine Mondfinsternis bevorsteht - zu einem Bluff. Er verkündet den Anführern der Einheimischen, dass der christliche Gott ihnen wegen der ausbleibenden Lebensmittellieferungen zürne und ihnen deshalb in der kommenden Nacht das Mondlicht nehmen würde. Als dies tatsächlich eintritt, sind die Eingeborenen völlig geschockt und flehen Kolumbus an, er möge doch bei seinem Gott ein gutes Wort einlegen. Kolumbus bittet um Bedenkzeit, erst kurz vor Ende der Finsternis verkündet er, dass sein Gott den Mond ausnahmsweise noch einmal freigeben werde. Selbstredend, dass die Spanier nun alle benötigten Lebensmittel erhalten.

Im ersten Weltkrieg nutzte Lawrence von Arabien sein Wissen über eine bevorstehende totale Mondfinsternis am 4. Juli 1917 (Grafik) aus, um eine türkische Befestigungsanlage auf dem Sinai im Handstreich zu nehmen. Die plötzliche Dunkelheit in einer ansonsten hellen Vollmondnacht kam den Angreifern dabei zu Gute.

MONDFINSTERNISSE HEUTE

In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts fanden einige Mondfinsternisse eine besondere Beachtung, weil sie extrem dunkel ausfielen, so dass der Mond zur Finsternismitte fast nicht mehr sichtbar war. Alle diese dunklen Finsternisse (30.12.1963, 30.12.1982, 09.12.1992) traten nach heftigen Vulkanausbrüchen auf, bei denen große Mengen von Aerosolen in die Hochatmosphäre transportiert worden waren. Die MoFi am 09.12.1992 ist auch bemerkenswert, weil einige Schülergruppen unter der Anleitung von Prof. Warren Young in Ohio die historischen Versuche zur Positionsbestimmung mit selbstgebastelten Sanduhren (aus Wasserflaschen) wiederholten. Das Ergebnis war beachtlich, denn der Fehler betrug nur etwa 140 Kilometer (2 Längengrade). Allerdings standen den modernen Epigonen des Kolumbus auch hochpräzise Vorhersagen-Tabellen zur Verfügung, von denen Regiomonatanus nicht einmal träumen konnte.

Historischen Mondfinsternisse, die in antiken und mittelalterlichen Quellen erwähnt werden, spielen durchaus für aktuelle Forschungen eine Rolle. Den Historikern helfen sie bei chronologischen Problemen, denn mit entsprechender astronomischer Software kann mühelos berechnet werden, wann und wo Finsternisse vor Jahrhunderten zu sehen waren. Klimaforscher interssieren sich für Beschreibungen über das Aussehen des verfinsterten Mondes, die Rückschlüsse auf den Zustand der Stratosphäre zum Zeitpunkt der Finsternis zulassen. Durch Vergleich mit Eisbohrkernen aus Grönland erhält man Hinweise auf große Vulkanausbrüche.

Seit etwa 2010 werden Mondfinsternisse auch zum Test von Methoden für die Suche nach Leben bzw. dessen Signaturen auf Exoplaneten genutzt. Ziehen diese vor ihren Sonnen her, so geht deren Licht durch die Atmosphäre der Planeten. Die darin enthaltenen Gase machen sich daher als Absorptionslinien im Spektrum der Sterne bemerkbar. Auf diese Weise lassen sich Gase wie Sauerstoff, Ozon oder Kohlendioxid nachweisen, welche Leben auf dem Planeten anzeigen können. Das Rest-Sonnenlicht, welches der Mond bei einer Finsternis empfängt, ist durch die Erdatmosphäre gegangen und enthält somit die Absorptionslinien der in der Erdatmosphäre vorhandenen Atome und Moleküle. Diese lassen sich daher auch im Spektrum des im Erdschatten stehenden Mondes finden. Somit steht also ein Modell für die Suche nach belebten Planeten in fernen Sonnensystemen zur Verfügung.

LINKS UND QUELLEN ZUM THEMA:

ESO: How observing lunar eclipses helps us search for life in other planets

Fred Espenak: Lunar Eclipses of Historical Interest

ETH Zürich: Sonnenfinsternis in der ETH-Bibliothek

Michael L. Gorodetsky: Ancient & Medieval Eclipses in European Sources

Bill Kramer: The Stonehenge Eclipse Calculator

David Le Conte: Eclipse Quotations

Richard B. Stothers: Cloudy and clear stratospheres before A.D. 1000 inferred from written sources

Space.com: How a Lunar Eclipse Saved Columbus

A.N.Vyssotsky: Astronomical records in the russian chronicles from 1000 to 1600 A.D. (PDF, ca. 3.3 mb)

Darren Beard (2005): Astronomical References in the Anglo-Saxon Chronicals, J.Br.Astron.Assoc. 115 (5), 261-264.

Rudolf Kippenhahn & Wolfram Knapp (1999): Schwarze Sonne, Roter Mond. 3. Aufl., 231 S., Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart.

Werner Raffetseder (1999): Sonnen­finsternis. 198 S., Heinrich Hugendubel Verlag, München.