ROTER JÄGER-MOND

TOTALE MONDFINSTERNIS AM 28.10.2004

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  HAUPTSEITE TOTALE MONDFINSTERNIS 28.10.2004  
Überraschung an der E 40

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Background-Sound: Autos auf der E 40 und auf der N 3 bei Hannut (Belgien), aufgenommen während der Beobachtung der MoFi am Straßenrand.


Vor der Finsternis:
Vor einer MoFi plant man, doch wenn das Ereignis da ist, muss man meistens improvisieren. Geplant war, von der Mondfinsternis am 28.10.2004 alle 5 Minuten ein Foto anzufertigen und daraus eine Videosequenz zu erstellen. Für ein solches Vorhaben ist natürlich ein absolut klarer Himmel erforderlich. Bereits 2 Tage vor der Finsternis war abzusehen, dass dieser Plan am Wetter scheitern würde. Dabei war der Erdtrabant seit dem 20.10., als wir den Halbmond über der Zitadelle in Jülich bewundert hatten, jeden Abend zu sehen gewesen. Doch davon hatte man im Hinblick auf die MoFi wenig, und es trat Plan B in Kraft. Dessen bescheidenes Ziel war lediglich, überhaupt etwas von dieser Finsternis zu sehen - wo auch immer.


27.10.2004, 13.00 Uhr:
Ein ausgiebiges Studium der Wettervorhersagen und Satellitenbilder zeigt, dass sich die Wetteraussichten weiter verschlechtert haben. Realistischerweise ist die einzige Hoffnung starker bis stürmischer Wind, der Lücken in die Wolkendecke reißt - so wie bei der totalen MoFi am 21.01.2000. Aus zeitlichen Gründen (ich habe am Donnerstag Mittag einen Termin) scheidet eine Tour in den Bayerischen Wald, wo es zumindest in den Hochlagen klar bleiben soll, von vorneherein aus.


27.10.2004, 19.00 Uhr:
Nichts neues von der Wetterfront. Mondfinsternis.info wird noch einmal um ein paar Links und eine anders instrumentierte Version der aktuellen Hintergrundmusik ergänzt; danach geht es zum Abendessen ins "Pathos". Missmutig betrachte ich auf dem Weg zu der Kneipe den zugezogenen Himmel.
Im Pathos läuft Hintergrundmusik, die ich kaum beachte, bis plötzlich allzu vertraute Töne erklingen. Was da gerade läuft ist die Mondscheinsonate, allerdings in einer HipHop-Version ...


27.10.2004, 20.45 Uhr:
Als ich das Pathos verlasse, sind die Wolken einer dünnen Hochnebeldecke gewichen, durch die sich der Mond tapfer hindurchkämpft. Das erinnert an die MoFi am 09.01.2001. Leider findet die heutige Finsternis nicht wie damals am Abend statt; man könnte sie jetzt problemlos beobachten. Ich fahre noch an einer Tankstelle vorbei, dann geht es nach Hause, wo ich den Vollmond aus meinem Fenster heraus fotografiere.

Der Vollmond am 27.10.04 um 21.40 MESZ
Der Vollmond am 27.10.04 um 21.40 MESZ


28.10.2004, 00.40 Uhr:
Ich hatte mich für etwa 2 1/2 Stunden hingelegt. Der Hochnebel ist dicker geworden, aber der Mond ist immer noch erkennbar. Ich fahre ins Büro, surfe durch die Wetterseiten und Foren.

Der Vollmond am 28.10.04 um 00.57 MESZ
Der Vollmond am 28.10.04 um 00.57 MESZ

Bevor ich um kurz vor 02.00 Uhr ein weiteres Update von Mondfinsternis.info mache, schaue ich noch einmal hinaus: jetzt ist der Mond ganz verschwunden. In Bonn wird wohl von dieser Finsternis nichts zu sehen sein. Leider kommt das Frontsystem des Sturmtiefs so langsam voran, dass man schon bis in die Pariser Gegend fahren müsste, um noch vor Finsternisende dahinter zu gelangen. Als Alternative erwäge ich eine Fahrt nach Osten, auf den Autobahnen Richtung Fulda. Das böte immerhin die Chance, noch vom Anfang der Finsternis etwas zu sehen. Ich beschließe dann aber, noch das nächste NOAA-Bild, das bereits überfällig ist, und das letzte Update des MoFi-Wetters bei Astrowetter.com, welches für 03.00 Uhr angekündigt ist, abzuwarten.


28.10.2004, 02.45 Uhr:
Um mir die Wartezeit zu vertreiben, klicke ich mich durch die Webcastings. Es ist wie üblich: ein Teil der Übertragungen finden wegen Bewölkung nicht statt, in die anderen kommt man wegen zu hoher Nachfrage nicht rein. Positive Ausnahmen sind die Übertragungen aus Norwegen und aus Tschechien. Letztgenannte war auf keiner der wichtigen Übersichtsseiten verlinkt, so dass die Zahl der Zuschauer wahrscheinlich geringer ist als bei den anderen Webcastings.
Die interessanteste Entdeckung mache ich aber auf der Webcam-Seite der Volkssterrenwacht Mira in Grimbergen. Dort rechnet man damit, dass es vor Ende der MoFi doch noch aufklart. Grimbergen liegt etwas westlich von Brüssel. Ich schaue mir das Meteosat-Bild von 03.00 Uhr an: tatsächlich, das dicke Wolkenband ist in den letzten Stunden wieder schneller vorangekommen, seine Rückseite liegt jetzt schon fast bei Antwerpen. Dahinter folgt eine Zone dünnerer und tieferer Bewölkung über Belgien und dann der Bereich aufgerissener Wolken. In 2 Stunden, zum Maximum der MoFi, könnte in der Gegend um Brüssel, die auf der Autobahn von Bonnn aus in etwa dieser Zeit erreichbar ist, durchaus eine Chance bestehen.

Bewölkung über Belgien um 03.00 MESZ
Bewölkung über Belgien um 03.00 MESZ

Der neue Plan wird sofort in die Tat umgesetzt: ich packe Kamera und Stativ ins Auto, dazu noch eine Tüte Haribo und eine Flasche Mineralwasser, und dann geht es Richtung Westen.


28.10.2004, 03.15 Uhr:
Am Kreuz Köln-West sichte ich die ersten Tropfen, und kurz vor Aachen ist dann Dauerregen zu verzeichnen, nicht heftig, eher ein typischer Landregen. Zwischendurch hat Katja per SMS aus Düsseldorf eine geschlossene Wolkendecke gemeldet. Ich fahre auf der hell erleuchteten E 40 weiter nach Westen, an Liège vorbei und auf Brüssel zu. Es regnet unverändert, während ich mich meinen Haribos widme. Kurz vor Leuven ist erstmals so etwas wie Struktur in der Wolkendecke zu erkennen; vielleicht liegt es aber auch nur daran, dass die Festbeleuchtung auf dem Mittelstreifen hier fehlt.


28.10.2004, 05.15 Uhr:
In einer halben Stunde endet die totale Phase der Mondfinsternis. Es macht daher keinen Sinn, noch bis auf den Brüsseler Autobahnring zu fahren. An der Abfahrt Tervuren verlasse ich die E 40 und steuere auf der N 3 auf die gleichnamigen Stadt zu. Nach einigen Kilometern folge ich einer Nebenstraße zu einigen Vororten von Tervuren. Die Wolkendecke ist jetzt deutlich strukturiert, aber unverändert geschlossen. Auch der erhoffte Wind bleibt aus, es ist im Gegenteil fast windstill. Ich halte ein paar Mal an, aber es ändert sich wenig. In weitem Bogen führt die Straße mich zur E 40 zurück, diesmal aber zur Abfahrt Zaventem. Ich überquere die Autobahn und erreiche auf einer weiteren Nationalstraße einen Ortsteil von Zaventem, der auf der Rückseite des Brüsseler Airports liegt. Gerade landet eine Maschine.
Später erfahre ich, dass gegen 4 Uhr von eben diesem Airport rund 60 belgische MoFi-Enthusiasten zu einem Beobachtungsflug über die Wolken gestartet sind. Es kann also durchaus diese Maschine gewesen sein, deren Landung ich verfolgt habe.
Nach einigen Kilometern Fahrt Richtung Norden kehre ich um. Es ist jetzt fast 05.45 Uhr, die totale Phase muss jeden Moment enden. Nun erspähe ich direkt über mir tatsächlich kleine dunkle Flächen, bei denen es sich um winzige Wolkenlücken zu handeln scheint. Doch im Westen, da wo der Mond steht, ist davon nichts zu bemerken.
Nun ja, das war es dann wohl. Die Enttäuschung hält sich in Grenzen, denn ich habe es zumindest versucht.


28.10.2004, 06.00 Uhr:
Zügig fahre ich auf der E 40 Richtung Liège, es ist jetzt schon recht viel Verkehr. Ab und wann werfe ich einen Blick nach links aus dem Fenster. Die Wolken scheinen jetzt höher zuhängen, jedenfalls reflektieren sie das gelbliche Licht der Natrium-Lampen nicht mehr. Als ich nach einer Weile durch das Glasverdeck meines Wagens nach oben schaue, erspähe ich 2 Sterne .. sollte etwa doch noch?
Ich verlasse die Autobahn an der nächsten Abfahrt, biege nach rechts in einen Ort ab und sofort wieder rechts in eine nach Westen führende Seitenstraße - und da scheint vor mir der Mond. Ich parke rechts auf einer großen Parkfläche, die wohl zu einem Gewerbegebiet gehört. Völlig perplex blicke ich auf den Mond, der sich noch zu 2/3 verfinstert als zum Horizont geöffnete Sichel präsentiert. Ich steige aus und verfolge, wie Wolken rasch vor dem Mond vorbeitreiben. Als ich mich von der Überraschung erholt habe und zur Kamera greife, ist es bereits zu spät; die MoFi findet wieder hinter Wolken statt. Im Süden ist der Orion allerdings noch zu sehen. Es handelt sich um ein fast kreisrundes Wolkenloch, das über mich hinweg rasch nach Osten zieht.
Sofort fahre ich auf die E 40 zurück und am nächsten Parkplatz wieder rechts raus. Das war nichts! Das Wolkenloch hat mich sozusagen überholt. Immerhin habe ich wenigstens noch ein paar Minuten partielle MoFi gehabt, auch wenn es kein Belegfoto gibt.


28.10.2004, 06.20 Uhr:
Über mir und rechts sind jetzt eine Reihe von Sternen sichtbar und rechts hinten schimmert Mondlicht durch die Wolken. Ich fahre an der nächsten Abfahrt wieder von der Autobahn und nehme die N 80 Richtung Süden. Nach ein paar Metern ist rechts eine bescheidene Haltemöglichkeit, die ich kurzentschlossen nutze. Es ist jetzt klar, dass es sich weniger um ein ziehendes Wolkenloch als um ein großflächiges Aufreißen der Wolkendecke handelt. Im Satellitenbild lässt sich das später gut nachvollziehen.

Bewölkung über Belgien um 06.30 MESZ
Bewölkung über Belgien um 06.30 MESZ

Der Mond strahlt jetzt unübersehbar halbhoch im Westen. Immer wieder ziehen dünne Wolkenfetzen vorbei. Nicht nur dort oben, sondern auch am Erdboden ist jetzt leichter Wind aufgekommen. Ich mache ein Foto nach dem anderen, mit verschiedenen Belichtungszeiten, drehe ein paar Videos im Nachtmodus (schwarz-weiss). Dann versuche ich es im Tageslichtmodus (farbig), na also, geht doch.

28.10.2004, 06.22 MESZ
28.10.2004, 06.22 MESZ

28.10.2004, 06.30 MESZ
28.10.2004, 06.30 MESZ

Vorschaubild Video 28.10.2004, 06.31 MESZ
28.10.2004, 06.31 MESZ
Durch Klicken auf das Vorschaubild können Sie ein Video (MPEG4-Format, 1377 kb, 20 Sekunden Laufzeit) des partiell verfinsterte Mond mit durchziehenden Wolken erhalten.

Vorschaubild Video 28.10.2004, 06.32 MESZ
28.10.2004, 06.32 MESZ
Durch Klicken auf das Vorschaubild können Sie ein Video (MPEG4-Format, 602 kb, 14 Sekunden Laufzeit) des partiell verfinsterte Mond über der E 40 bei Hannut herunterladen.

Es ist eine seltsame Szene. Auf der Autobahn und auf der Nationalstraße neben mir rauschen Autos und Lastwagen vorbei - der Berufsverkehr hat begonnen, das ist die Welt hier unten. Und dann gibt es die Welt da oben - der halb verfinsterte Mond zwischen den treibenden Wolken, die Sterne des Winterhimmels. Und ich stehe dazwischen, mit den Füßen am Straßenrand und mit meiner ganzen Aufmerksamkeit am Himmel.

Als der Mond erneut hinter dichteren Wolken verschwindet, breche ich auf und fahre weiter nach Osten.


28.10.2004, 06.40 Uhr:
Es klart weiter auf. Vor mir ist jetzt im Osten die hell leuchtende Venus sichtbar. So allmählich geht auch die partielle Phase der MoFi zuende. Kurz vor Liège, an der Abfahrt 30, verlasse ich die Autobahn ein letztes Mal; wieder biege ich nach Süden ab. Nach ein paar Metern geht es nach rechts auf einen asphaltierten und schön dunklen Feldweg. Während ich noch nach einer Haltemöglichkeit suche, wird schon klar, dass es auch hier Autoverkehr gibt. Es scheint ein Schleichweg vom nahe gelegenen Dorf zur E 40 zu sein. Nach kurzem Suchen halte ich am Wegrand auf einer flachen Kuppe, die eine gute Rundsicht bietet.

28.10.2004, 06.48 MESZ
28.10.2004, 06.48 MESZ

Ich mache einige weitere Fotos und Videos. Im Osten hat jetzt unübersehbar die Morgendämmerung begonnen, die Venus strahlt von einem dunkelblauen Himmel. Tief darunter landet ein Flugzeug, ach ja, das muss der Airport von Liège sein.
Jetzt greife ich zum ersten Mal zum Fernglas und schaue mir den Mond an. Er ist wieder kugelrund, die Kernschatten-Verfinsterung ist gerade zu Ende gegangen. Nur der graue Schleier des Halbschattens über der dem Horizont zugewandten Seite des Mondes kündet noch von der Finsternis.
Da es wegen der vorbeifahrenden Autos recht ungemütlich ist, trete ich endgültig die Heimfahrt an.


28.10.2004, 08.30 Uhr:
Ohne die befürchteten Staus komme ich an Liège und Aachen vorbei. Nur bei Köln-West werde ich kurz aufgehalten. Da ich noch recht munter bin, habe ich keine Pause mehr eingelegt. Erst als ich gegen halb neun zu Hause in Bonn bin, greift die Müdigkeit nach mir.


Nach der Finsternis:
"Erfolgreich improvisiert", so könnte das Fazit der nächtlichen Tour durch Belgien lauten. Dabei sah zunächst alles nach einem Fehlschlag aus, bis es zur großen Überraschung an der E 40 kam. Gut, von der totalen Phase habe ich diesmal nichts mitbekommen, aber insgesamt bin ich mehr als zufrieden, zumal ich zum ersten Mal Videos von einer MoFi drehen konnte. Abschließend ein großes Lob den Leuten von der Volkssterrenwacht Mira, denen ich den entscheidenden Tip und somit meine 7. Mondfinsternis in Folge (und die 10. insgesamt) zu verdanken habe.
Und eine Premiere bringt diese MoFi dann auch noch: sie ist das erste astronomische Ereignis, von dem ich mit meiner Digi-Cam Video-Aufnahmen anfertige. Hier ist ein Zusammenschnitt: